Bei der Herstellung von Vanilleeis (oder anderen Muffins/Keksen/etc. mit Vanillegeschmack) gibt es immer ein Dilemma. Soll man eine (natürliche) Vanilleschote, einen Extrakt oder künstliche Vanille (= Vanillin) verwenden? Das eine ist eindeutig teurer als das andere, und sie sehen unterschiedlich aus, aber sind sie es auch wirklich? Was tun, wenn man die eine zu Hause hat, aber ein Rezept eine andere verlangt?
Auch wenn es oft kein Richtig oder Falsch gibt, was zu verwenden ist, gibt es doch Unterschiede. Diese lassen sich am besten mit Hilfe der Lebensmittelchemie erklären.
Was ist Vanille?
Zunächst sollten wir einen Schritt zurücktreten und uns die beiden Begriffe ansehen, die hier fallen. Zunächst einmal: Was ist Vanille?
Vanille ist ein Aroma, das aus der Vanillepflanze gewonnen wird. Auf dieser Pflanze wachsen Vanilleschoten. Wenn man diese Schoten richtig verarbeitet, werden sie zu diesen dunklen, trockenen Vanilleschoten, die man im Supermarkt kaufen kann. Eigentlich haben frische Vanilleschoten noch nicht das charakteristische Aroma, es müssen mehrere Prozesse stattfinden, die mehrere Monate dauern können, bis sich das Aroma entwickelt.
Im Inneren dieser verarbeiteten Schoten sitzt eine komplexe Mischung von Molekülen. Alle diese Moleküle zusammen ergeben ein sehr komplexes Aroma, das man Vanille nennt! Mit anderen Worten, Vanille ist nicht nur ein Molekül, sondern man braucht viele verschiedene Moleküle, um Vanille herzustellen.
Verwendung von Vanille (Schoten)
Das Vanillearoma steckt in der Vanilleschote, und wenn man eine Vanilleschote beim Kochen verwendet, versucht man, so viel wie möglich von diesem Aroma aus der Schote herauszuholen. In vielen Fällen, in denen Vanilleschoten in einem Rezept verwendet werden, wird im Rezept angegeben, dass die Vanilleschoten eine Zeit lang in einer Flüssigkeit eingeweicht werden sollen. Das dient genau dazu: so viel Aroma wie möglich aus der Schote herauszuholen und all die verschiedenen Moleküle, die das Vanillearoma ausmachen, herauszulösen.
Allerdings wird man in vielen Fällen nicht das gesamte Aroma der Vanilleschote herausholen können. Entweder, weil man das ganze Pulver nicht auskratzen konnte oder weil man einfach nicht genug Zeit hatte, um das ganze Aroma herauszuholen.
Vanilleextrakt
Das Vanillearoma kann man aber auch extrahieren, bevor man mit dem Kochen oder Backen beginnt! Das ist ein sogenannter Vanilleextrakt. Der Extrakt besteht aus einer Flüssigkeit (meist eine Art Alkohol) und der Vanilleschote. Die Vanilleschote zieht einige Zeit in den Alkohol ein, und das gesamte Vanillearoma bleibt in der Flüssigkeit hängen.
Der Grund, warum Alkohol für diese Extrakte verwendet wird, ist, dass sich die meisten Vanillearomamoleküle in Alkohol recht gut auflösen, zumindest viel besser als in Wasser. Durch die Verwendung von Alkohol lässt sich mehr Aroma leichter extrahieren.
Vanilleextrakt kann man zu Hause selbst herstellen, aber man kann ihn oft auch im Laden kaufen. Kommerzielle Extrakte sind allerdings in der Regel gefiltert, so dass man die Schote in der Flüssigkeit nicht mehr sieht. Nichtsdestotrotz werden diese Arten von Extrakten mit echten Vanilleschoten hergestellt.
Da das Aroma besser konzentriert und konserviert werden kann, sind diese Extrakte oft um einiges billiger als die Vanilleschoten selbst.
Was ist Vanillin?
Nachdem wir uns nun mit den verschiedenen Vanillearten (Schote vs. Extrakt) beschäftigt haben, wollen wir uns nun dem Vanillin zuwenden.
Obwohl es so viele Moleküle gibt, die den endgültigen Vanillegeschmack ausmachen, gibt es ein Molekül, das eine sehr große Rolle im Vanillegeschmacksprofil einnimmt. Dieses Molekül heißt Vanillin, siehe die chemische Zeichnung unten. Auch wenn Vanillin nur einen Teil des gesamten Vanillearomas ausmacht, so ist es doch ein sehr wichtiger Teil.
Herstellung von Vanillin
Bei der Herstellung von Vanilleextrakt ist Vanillin eines der vielen extrahierten Moleküle. Vanillin kann aber auch ohne Vanilleschoten hergestellt werden. Es wurden mehrere chemische Verfahren entwickelt, um dieses Vanillinmolekül billiger und effizienter herzustellen als mit einer seltenen Vanillepflanze.
Ethylvanillin vs. Vanillin
Da sowohl Vanille als auch Vanillin recht knapp sind, sucht man seit Jahrzehnten nach billigeren Alternativen. Daher haben Sie vielleicht auch schon von Ethylvanillin gehört. Dabei handelt es sich nicht um das „normale“ Vanillin, das in Vanille enthalten ist. Es ist ein etwas anderes Molekül, wie Sie unten sehen können.
Ethylvanillin ist ein künstliches Molekül, es kommt in der Natur nicht vor, Vanillin dagegen schon. Es kommt auch vor, dass Ethylvanillin viel stärker im Geschmack ist als Vanillin. Daher wird bei der Verwendung von Ethylvanillin sogar weniger von dem Molekül benötigt, um die gleiche Intensität des Vanillinaromas zu erreichen.
Was ist am besten?
Ist es am besten, künstlichen Vanilleextrakt (=Vanillin) zu verwenden, reinen Vanilleextrakt (egal ob selbstgemacht oder im Laden gekauft) oder sollte man immer die (teure) Vanilleschote verwenden?
Das hängt vor allem von den Gründen ab, aus denen man sich entscheidet. Wenn du kein künstliches Zeug magst, solltest du nicht das künstliche wählen. Aber wenn es Ihnen nur um den Geschmack geht, machen Sie sich nicht zu viele Gedanken darüber. Alle sind oft genauso gut, vor allem in gekochten/gebackenen Sachen, es kommt wirklich auf Ihre Vorliebe an.
Serious Eats hat einen Geschmackstest durchgeführt und festgestellt, dass in den meisten Fällen die Unterschiede im Endprodukt nicht zu schmecken sind. Wenn Vanilleextrakt auf hohe Temperaturen erhitzt wird (z. B. in Keksen/Kuchen), scheinen sich viele der anderen Aromamoleküle, die das Vanillearoma ausmachen, zu zersetzen. Der größte Teil des Aromas, der übrig bleibt, ist also eigentlich Vanillin.