ForschungsberichtSprachverstehen im sozialen Gehirn: Electrophysiological brain signals of social presence effects during syntactic and semantic sentence processing

Obwohl die Sprache evolutionär vor allem für soziale Zwecke entstanden ist, muss noch viel darüber herausgefunden werden, wie die Sprachverarbeitung durch den sozialen Kontext beeinflusst wird. Die Forschung zur sozialen Präsenz untersucht die Art und Weise, wie sich die Anwesenheit eines Artgenossen auf die Verarbeitung auswirkt, wurde aber bisher noch nicht umfassend auf Sprachprozesse angewandt. Das Hauptziel dieser Studie war es, durch die Untersuchung ereignisbezogener Hirnpotentiale (ERP) herauszufinden, inwieweit die syntaktische und semantische Sprachverarbeitung von reinen sozialen Präsenz-Effekten beeinflusst wird. In einer Satzkorrektheitsaufgabe lasen die Teilnehmer Sätze mit einer semantischen oder syntaktischen Anomalie, während sie entweder allein oder in der bloßen Anwesenheit eines Gesprächspartners waren. Im Vergleich zur alleinigen Bedingung war die Anwesenheitsbedingung mit einer verstärkten N400-Komponente und einer zentral-posterioren LAN-Komponente (interpretiert als N400) verbunden. Die Ergebnisse scheinen auf eine Verstärkung heuristischer Sprachverarbeitungsstrategien hinzudeuten, die eigentlich lexikalisch-semantische Operationen betreffen, was eine Verlagerung der Strategie zur Verarbeitung morphosyntaktischer Verstöße mit sich bringt, die typischerweise auf algorithmischen oder regelbasierten Strategien beruht. Die Auswirkungen können nicht auf ein erhöhtes Erregungsniveau zurückgeführt werden. Die offensichtliche Verstärkung der Aktivität im Precuneus in Anwesenheit einer anderen Person deutet darauf hin, dass die Effekte möglicherweise mit sozialen kognitiven und aufmerksamkeitsbezogenen Faktoren zusammenhängen. Die vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Verständnis des Sprachverständnisses unvollständig wäre, wenn man nicht auch die Auswirkungen der sozialen Präsenz berücksichtigt, die den natürlichsten und grundlegendsten Kommunikationsszenarien innewohnen.

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