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Klinische Bedeutung

Eine Vergrößerung der Schilddrüse ist meist auf eine erhöhte hypophysäre Sekretion von TSH oder eine lymphozytäre Produktion von TSH-ähnlichen Immunglobulinen zurückzuführen. Darüber hinaus kann eine Reihe von entzündlichen, infiltrativen und neoplastischen Erkrankungen eine Struma verursachen. Die körperliche Untersuchung ermöglicht es dem Arzt, zwischen diesen Möglichkeiten zu unterscheiden.

Die Hypophyse sondert meist einen Überschuss an TSH ab, um einen Mangel an Schilddrüsenhormon-Biosynthese auszugleichen. Anfänglich bewirkt TSH eine symmetrische Vergrößerung der Schilddrüse. Mit der Zeit kann die Drüse asymmetrisch und multinodulär werden. Ein dominantes Knötchen in einer multinodulären Drüse kann einem neoplastischen Prozess ähneln. Immunglobuline, die die TSH-Stimulation nachahmen, verursachen ebenfalls eine symmetrische Struma, aber da die Hormonbiosynthese nicht gestört ist, kann es zu einer Thyreotoxikose kommen. Diese Struma wird sehr gefäßreich und kann sich durch ein Bruit und einen Thrill bemerkbar machen. Wenn bei einer autoimmunen Schilddrüsenerkrankung „destruktives“ Immunglobulin überwiegt, kann man eine charakteristische feinknotige („kopfsteinartige“) Textur spüren. Eine autoimmune Schilddrüsenerkrankung kann auch zu uninodulären oder multinodulären Läsionen führen, die von einer Neoplasie nicht zu unterscheiden sind. Obwohl eine autoimmune Struma selten schmerzhaft ist, zeigen entzündliche Erkrankungen typischerweise eine schmerzhafte Struma. Die subakute Thyreoiditis, die häufigste entzündliche Schilddrüsenerkrankung, vergrößert in der Regel die gesamte Drüse, kann aber auch eine dominante Masse aufweisen. Akute bakterielle Infektionen sind zwar eher fokal, lassen sich aber leicht an ihrer ausgeprägten Empfindlichkeit und der Wärme und Rötung der darüber liegenden Haut erkennen.

Obwohl ein dominanter Knoten in einer diffus abnormen Drüse ein Malignom beherbergen kann, zieht der Arzt diese diagnostische Möglichkeit am häufigsten bei einem einzelnen Knoten in einer ansonsten normalen Drüse in Betracht. Diese tastbaren Anomalien erfordern weitere Untersuchungen, die eine Sonographie, eine Radionukliduntersuchung oder vorzugsweise eine mikroskopische Gewebeuntersuchung umfassen können. Die relativen Vorzüge dieser diagnostischen Maßnahmen sind an anderer Stelle ausführlich beschrieben worden.

Der Befund einer Struma an sich bedeutet nicht unbedingt, dass die Drüse den Körper mit einer gestörten Menge an Schilddrüsenhormonen versorgt. Wenn die Schilddrüsenfunktion in dieser Weise verändert ist, zeigt der Patient systemische Manifestationen als Folge einer übermäßigen oder mangelhaften peripheren Wirkung von Schilddrüsenhormonen. In Tabelle 138.1 sind die häufigsten Symptome und Anzeichen aufgeführt, die sich aus einem Überschuss an zirkulierenden Schilddrüsenhormonen ergeben. Viele Patienten weisen mehrere dieser Symptome auf, und es ist selten, dass bei einer klinisch signifikanten Thyreotoxikose alle Symptome fehlen. Eine Schilddrüsenüberfunktion ist in den meisten Fällen die Folge einer autoimmunen Produktion von schilddrüsenstimulierenden Immunglobulinen und ist in Amerika als Graves“-Krankheit bekannt. Knotenförmige Kröpfe können ebenfalls eine Hyperthyreose verursachen, die auf eine übermäßige „autonome“ Produktion von Schilddrüsenhormonen zurückzuführen ist. Ein einzelner toxischer Knoten verdrängt typischerweise den Rest der Drüse und erscheint als einseitige Struma, wobei kontralateral oft keine Drüse tastbar ist. Die Einnahme pharmakologischer Mengen exogener Schilddrüsenhormone unterdrückt die gesamte Drüse, so dass bei einer Thyreotoxikose kein Gewebe mehr tastbar ist. Granulomatöse und lymphozytäre Thyreoiditis können die follikuläre Architektur der Schilddrüse stören und ausreichende Mengen an gespeichertem Hormon freisetzen, um eine vorübergehende Thyreotoxikose zu verursachen.

Tabelle 138.1

Symptome und körperliche Anzeichen einer Hyperthyreose.

Eine Hypothyreose liegt vor, wenn die Drüse nicht in der Lage ist, genügend Hormone zu produzieren, um den Stoffwechselbedarf des Körpers zu decken. Eine primäre Hypothyreose in Verbindung mit einem Kropf wird durch Jodmangel, enzymatische Defekte in der Schilddrüsenhormonbiosynthese, eine autoimmune Zerstörung des Drüsenparenchyms wie bei der Hashimoto-Thyreoiditis und bei Personen mit einer zugrundeliegenden Schilddrüsenerkrankung durch die Einnahme von Goitrogenen wie Lithium, Sulfonamiden und großen Mengen an Jod verursacht. Eine nicht-goitrogene Hypothyreose entsteht durch eine idiopathische Schilddrüsenatrophie, eine iatrogene Ablation und eine Funktionsstörung der Hypophyse oder des Hypothalamus. Die letztgenannten sekundären und tertiären Formen der Hypothyreose müssen unbedingt erkannt und von der primären Hypothyreose unterschieden werden, da in der Regel gleichzeitig eine Funktionsstörung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse vorliegt. Die Symptome und Anzeichen einer Hypothyreose sind in Tabelle 138.2 aufgeführt. Sie können recht unauffällig sein, wenn die Hypothyreose leicht und von kurzer Dauer ist. Umgekehrt können diese Symptome bei Patienten, bei denen die Hypothyreose über mehrere Jahre hinweg nicht diagnostiziert wurde, eklatant und tiefgreifend sein. Eine schwere, lang anhaltende Hypothyreose ist durch die Ablagerung von Glykosaminoglykanen in der Haut und anderen Organen gekennzeichnet, ein Prozess, der als Myxödem bekannt ist.

Tabelle 138.2

Symptome und körperliche Anzeichen einer Hypothyreose.

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