Hintergrund: Unser Ziel war es, die Symptomatik von Depressionen und Angstzuständen bei Patienten mit unbehandelter Hyperthyreose zu bestimmen und mit euthyreoten Patienten zu vergleichen.
Methoden: Zweiunddreißig Patienten mit Hyperthyreose (hohes freies T3 und freies T4 und supprimiertes TSH) und 30 euthyreote Patienten (normales freies T3, freies T4 und TSH), die die Endokrinologische Ambulanz des Celal Bayar Universitätskrankenhauses in Manisa, Türkei, besuchten, wurden in die Studie aufgenommen. Das Hormonscreening wurde mittels Immunoassay und Hämagglutinationsmethode durchgeführt. Zur psychiatrischen Beurteilung wurden die Hospital Anxiety and Depression Scale , die Hamilton Depression Rating Scale und die Hamilton Anxiety Rating Scale verwendet. Hinsichtlich der demografischen Merkmale gab es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen.
Ergebnisse: Die Gesamtwerte der HAM-D und der HAM-A waren in der Hyperthyreose-Gruppe signifikant höher als in der euthyreoten Gruppe (p <0,05); hinsichtlich der HAD gab es keinen Unterschied. Beim Vergleich der Symptomatik waren frühe Schlaflosigkeit (HAM-D#6), Arbeit und Aktivitäten (HAM-D#7), psychische Ängste (HAM-D#10), Gewichtsverlust (HAM-D#16), Schlaflosigkeit (HAM-A#4) und kardiovaskuläre Symptome (HAM-A#8) in der Hyperthyreose-Gruppe signifikant häufiger. Bei der Wilks-Lambda-Diskriminanzanalyse erwiesen sich psychomotorische Unruhe (HAM-D#9), Gewichtsverlust (HAM-D#16) und Schlaflosigkeit (HAM-A#4) als diskriminierende Symptome für die Hyperthyreose-Gruppe, während somatische Ängste (HAM-A#11) und Interessenverlust (HAD#14) die charakteristischen Symptome der Euthyreose-Gruppe waren.
Schlussfolgerungen: Hyperthyreose und syndromale Depression/Angst haben überlappende Merkmale, die in der akuten Phase zu Fehldiagnosen führen können. Zur Differenzialdiagnose sollte man Patienten mit Hyperthyreose mit einer spezifischen Hormonbehandlung weiterbehandeln und danach anhaltende Symptome bewerten. Zusätzlich zu den spezifischen Symptomen der Hyperthyreose scheinen psychomotorische Retardierung, Schuldgefühle, Muskelschmerzen, Energieverlust und Müdigkeit bei Patienten mit einer Kombination aus Depression und Hyperthyreose häufiger aufzutreten; daher sollte das Vorhandensein dieser Symptome für nichtpsychiatrisches Fachpersonal ein Warnzeichen für die Notwendigkeit einer psychiatrischen Beratung sein.